Stadtentwicklung Hamburg: Quantum entwickelt das letzte Filetgrundstück in der City

Von Sabine Richter, freie Wirtschaftsjournalistin. In Hamburg ist kürzlich ein vielbeachteter Immobiliendeal geschlossen worden. Das letzte städtische Filetgrundstück in allerbester Hamburger Innenstadtlage ging für 54 Mio. Euro an die Hamburger Quantum Immobilien AG. Es handelt sich um den 40 000 Quadratmeter großen repräsentativen Sitz der Baubehörde. Dem Verkauf war ein längerer politischer Streit vorausgegangen. Ursprünglich wollte die Stadt das Grundstück nicht im Bieterverfahren öffentlich ausschreiben, sondern Anfang 2008 der Garbe Group im Rahmen der städtischen Wirtschaftsförderung an die Hand geben. Sie wollte das Gebäude nach dem erfolgreichen Stilwerk-Konzept zu einem „Mekka für Lifestyle und Mode“ machen und die Innenhöfe nach dem Vorbild der Berliner Hackeschen Höfe ausbauen.

Nach massiven Protesten gegen Kaufpreis und Vergabeverfahren wurde der Verkauf verschoben und Grundstück samt Gebäude doch öffentlich ausgeschrieben. SPD und GAL hatten von „Cosa Nostra und Zuständen wie in Osteuropa“ gesprochen. An dem Filetstück in der einmaligen Lage waren auch etliche andere Investoren interessiert. Mehr Geld als beim damaligen Anhandverfahren gab es nach Auskunft der Finanzbehörde jetzt trotzdem nicht für das Ensemble. Allerdings ging damals ein Kaufpreis von 47 Mio. Euro durch die Presse.

Das Auswahlgremium, neben dem Bezirksamt waren noch diverse andere Behörden beteiligt, habe einstimmig für den Investor gestimmt, heißt es aus der Finanzbehörde. Gegen zehn Bewerber hat sich die Quantum AG, die auch am Hanseatic Trade Center und an der in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Bleichenhof-Passage beteiligt ist, im Bieterverfahren durchgesetzt. Entscheidend sei neben dem Preis auch das Nutzungskonzept, die städtebauliche Einbindung, die Beachtung des Denkmalschutzes sowie die Ansiedung von Arbeitsplätzen gewesen.

In dem denkmalgeschützten Behördengebäude soll künftig ein Mix aus Wohnen, Büroflächen, Einzelhandel und Gastronomie entstehen. Die historische Bausubstanz soll nahezu vollständig erhalten bleiben. Rund 13 500 der insgesamt 40 000 Quadratmeter Geschossfläche sind für Wohnungen vorgesehen. In den Innenhöfen ist unter anderem ein ganzjähriger Wochenmarkt geplant, außerdem soll es ein Boutiquehotel und einen Klub im Souterrain geben. Im Erdgeschoss, an der ehemaligen Wirkungsstätte der Gestapo, wird eine Denkstätte errichtet. Die Einbindung der Gedenkstätte war eine der zahlreichen Ausschreibungsbedingungen, bisher liegt noch kein konkretes Konzept dafür vor. Um der angespannten Parkplatzsituation in der Innenstadt zu begegnen, soll eine Tiefgarage gebaut werden. 80% der Gewerbe- und Gastronomieflächen sollen per Absichtserklärung bereits vergeben sein.
Von Seiten des Einzelhandels wurde die Entscheidung begrüßt, denn es soll nun eine Verbindung zum Bleichenhof geben. Bisher war das berühmte innerstädtische Hamburger Passagennetz von der Neustadt abgeschnitten. Die Baubehörde an der Stadthausbrücke saß wie ein Klotz dazwischen, womit das Flanieren seine Grenzen hatte. Durch die Neuentwicklung der attraktiven alten Gebäudestruktur lässt sich das Passagenkonzept zwischen Neuer Wall und Große Bleichen über den Bleichenhof nun ideal erweitern. An der Problemstellung des „toten Endes“ wurde schon seit längerem herumgedacht und immer wieder Konzepte vorgelegt, darunter das einer Fußgängerbrücke über das Fleet vom Bleichenhof zum Neuer Wall.

Der Einzelhandelsstandort Bleichenhof und Bleichenbrücke hatten sich in der jüngeren Vergangenheit positiv entwickelt, auch weil das große Interesse für die benachbarte 1A-Einkaufslage Neuer Wall nicht befriedigt werden kann. Ein wesentliches Merkmal der Hamburger Innenstadt ist die qualitative Aufteilung in die Innenstadtbereiche Ost und West mit jeweils unterschiedlichen Entwicklungszyklen. Schon lange klagen Akteure über mangelhafte Entwicklungsmöglichkeiten und Vernetzung einzelner Lagen – zumal der Einzelhandel in den Bezirkszentren massiv aufrüstet.

Die Verbindungsfunktion zwischen der westlichen City mit dem Jungfernstieg und dem luxuriösen Angebot am Neuer Wall und der von Massenkonsum geprägten östlichen City übernimmt die Anfang Oktober 2006 eröffnete Europa-Passage. Die Läden in der Europa-Passage orientieren sich dabei eher an dem Sortiment der Mönckebergstraße und der Spitalerstraße. Ob dagegen Hafencity und Überseequartier mit den geplanten 40 000 qm Einzelhandelsfläche die Zentralität der Innenstadt stärken und Synergien mit dem etablierten Handel in der Innenstadt realisieren, wird davon abhängen ob es gelingt, eine städtebauliche Verbindung zu schaffen.

Die zurzeit in der Stadthausbrücke angesiedelte Stadtentwicklungsbehörde will zum Start der internationalen Bauausstellung IBA 2013 in ein neues, ebenfalls 40 000 Quadratmeter großes Gebäude in Wilhelmsburg umziehen. Das Gebäude ist allerdings noch nicht errichtet, auch eine Entscheidung für einen Entwurf im Wettbewerbsverfahren steht noch aus. Keiner der 20 im Wettbewerb eingereichten Entwürfe habe sämtliche Kriterien erfüllt, heißt es. Hauptproblem seien die Baukosten, auch in Verbindung mit dem geforderten Passivhausstandard. Es wird also sehr knapp mit dem Umzug. Aber erst dann können auch die Umbaumaßnahmen in der alten Baubehörde beginnen. (gi24/DIB, Nr. 199)

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