DB Research: Türkischer Immobilienmarkt bietet attraktive Anlagemöglichkeiten

Von Marion Götza

Wenn das Research der Deutschen Bank Marktberichte veröffentlicht, ist oft kurz darauf mit Produktvorstellungen zu rechnen. Allerdings ändert das nichts an der Qualität des Researchs. Ob wir uns letzte Woche allerdings freuen mussten, zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt auch noch die erste echte strahlende Rezessionsprognose zu bekommen, ist zweifelhaft. Da ist Türkei-Research sicherlich ruhiger.

Der türkische Immobilienmarkt gehört zu den am schnellsten wachsenden Immobilienmärkten in Europa. Das zugrunde liegende kräftige Wachstum und der Mangel an hochwertigen Immobilien wirken sich günstig aus. Insgesamt ist der Markt jedoch noch intransparent. Lt. einer Studie von DB Research dominiert Istanbul den türkischen Immobilienmarkt, außerhalb ist die Infrastruktur häufig unzureichend und innenpolitische Spannungen erhöhen die Risiken. Langfristig dürften zwar alle Immobiliensektoren von den günstigen Aussichten profitieren, kurzfristig jedoch gibt es deutliche Unterschiede. Vor allem neue Marktteilnehmer sollten daher umsichtig vorgehen.

Büroimmobilien: Im Bürosektor wird durch das Unterangebot an modernen Büroflächen und günstigen Beschäftigungsprognosen ein positiv langfristiger Ausblick gestützt. Dies spiegelt sich in dem äußerst kräftigen Wachstum der Nachfrage in Istanbul wider. Die Entwicklung eines professionelleren Mieter- und Investitionsmarktes sowie Qualitätsverbesserungen an bestehenden Gebäuden versprechen mittel- bis langfristig einen stärkeren Anstieg der Mieten. Dies gilt gerade auch für andere Städte wie Ankara, Izmir oder Bursa. Im Vergleich zum Einzelhandelssektor steckt der Bürosektor in der Türkei noch in den Kinderschuhen. Attraktive, qualitativ hochwertige Büroflächen sind zwar in Istanbul vorhanden, aber auch dort ist das Angebot begrenzt. Seit Anfang des Jahrzehnts ist die Nachfrage nach Büroflächen rasch gestiegen, da zunehmend ausländische Unternehmen in der Türkei tätig werden und lokale Unternehmen ihr Geschäft ausdehnen. Der Aufwärtstrend bei Mieten dürfte anhalten, allerdings moderat sein.

Der Mangel an verfügbaren Grundstücken sowie die äußerst hohen Grundstückspreise dämpfen Bauvorhaben für Bürogebäude. Zudem dürften sich aufgrund der aktuellen Abschwächung an den Finanzmärkten und der Konjunkturverlangsamung in den kommenden 24 Monaten weniger neue Unternehmen um einen Markteintritt in der Türkei bemühen. Die aktuellen Bauprojekte dürften dann den Mietanstieg reduzieren. Die beträchtlichen Mietunterschiede innerhalb Istanbuls sowie die Konjunkturverlangsamung werden einige Mieter zwingen, in neue, aufstrebende Standorte auf der asiatischen Seite umzuziehen. Außerhalb von Istanbul dürfte die Nachfrage nach Büroflächen auch in Antalya, Ankara, Kocaeli und Izmir rasch zulegen. Insbesondere in Izmir werden im Zuge des Projekts zur Schaffung eines neuen Stadtzentrums umfangreiche Büroflächen gebaut.

Einzelhandel: Internationale Einzelhandelskonzerne traten in den Markt ein und profitierten vom kräftigen Wirtschaftswachstum des Landes und niedrigen Eintritts-barrieren. Bis Februar 2008 wurden in der Türkei rund 190 Einkaufszentren gebaut, wobei die meisten Centerprojekte aufgrund der Kontraktion der türkischen Wirtschaft nach der Krise im Jahr 2001 erst ab dem Jahr 2003 umgesetzt wurden. Seither sind Einzelhandelsimmobilien das am stärksten wachsende Segment des türkischen Immobilienmarkts. Der zunehmende Wohlstand, die wachsende Bevölkerung und das beschränkte Angebot an Handelsflächen hatten dazu geführt. Aufgrund der Sättigung in einigen großen türkischen Städten und wegen der rasch steigenden Grund-stückspreise sind Bauträger und institutionelle Anleger zunehmend gezwungen, nicht nur die Großstädte, sondern auch kleinere Städte wie Mersin, Samsun, Kocaeli und Diyarbakir in den Blick zu nehmen.

Logistik: Für den Industriesektor wird die Expansion des Einzelhandelssektors von großer Bedeutung sein. Die Entwicklung eines praktisch neuen Immobilientyps, wie z.B. Logistik in den Gebieten um große Containerhäfen und Flughäfen, dürfte beträchtliches Potenzial bieten. Nach der EU-Erweiterung und der vertieften Integration der Güter und Kapitalmärkte des Kontinents entsteht zusätzliche Nachfrage nach Logistikimmobilien in Osteuropa. Die günstige geografische Lage und ein hohes Wachstumspotenzial deuten darauf hin, dass besonders die Nachfrage im Industriesektor in der Türkei steigt. Infrastrukturmängel stellen jedoch weiterhin ein ernsthaftes Handicap für den türkischen Markt für Industrieimmobilien dar.

Wohnungen: Beim Wohnungsbau ist in großen Ballungsräumen die Qualität der vorhandenen Wohnimmobilien häufig gering. Zusammen mit der stark steigenden Zahl der privaten Haushalte werden diese Märkte mittelfristig gute Chancen für Wohnungsbauprojekte bieten. Es wird mit dem Bau von mehr Mehrfamilien- und nicht mit mehr Einfamilienhäusern gerechnet. Die Bedeutung von Hypothekenfinanzierungen dürfte rasch zunehmen. Die Entwicklung der Wohnungsmärkte in der Türkei hängt vor allem von folgenden Faktoren ab: Steigende Einkommen, Bevölkerungswachstum, Migration innerhalb der Türkei und anhaltende Verstädterung. Im Vergleich zu den westeuropäischen Ländern, wo durchschnittlich 2,5 Personen in einem Haushalt leben (EU-25), sind die Haushalte in der Türkei mit durchschnittlich 4,5 Personen (2000) recht groß. In den westlichen Landesteilen lockern sich die traditionellen Vorstellungen in Bezug auf Kinderreichtum und Familiengründung rascher, die Haushalte sind deutlich kleiner und schrumpfen schneller als im Osten. Von 2000 bis 2004 stieg die Zahl der Singlehaushalte vor allem in Großstädten wie Istanbul und Izmir stark an.

Deutsche Bank Fazit: Trotz anhaltender innenpolitischer Spannungen, einiger Schwachpunkte der Wirtschaft und der fortgesetzten Volatilität an den internationalen Finanzmärkten bleibt die Türkei längerfristig ein attraktiver Anlagemarkt, zumal es sich um das Land mit der zweitgrößten Bevölkerung in Europa (nach Deutschland) und um die sechstgrößte europäische Volkswirtschaft handelt. Das Wirtschaftswachstum und die zunehmende Kaufkraft haben zu einer höheren Nachfrage nach neuen Wohnungen geführt und den Immobilienmarkt insgesamt gestützt.

Quelle: DIB, Nr. 178

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*