Arcandor-Sanierung wird zu einem Spiel auf Zeit

Von Ruth Vierbuchen. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick hat mit seinem Interview in der Mitarbeiter-Zeitung über die im Juni anstehende Refinanzierung von 650 Mio. Euro und die schwierige Lage des Unternehmens für viel Wirbel in der Medien-Landschaft gesorgt. Neu ist diese Information nicht. Schon bei der Hauptversammlung am 18. März hatte er auf die erheblichen Probleme hingewiesen und auch darauf, dass die anstehende Finanzierungsrunde zur Sicherstellung von Konzernfinanzierung und Liquidität Priorität hat, der erst einmal alles andere unter geordnet werde.

Von einer „großen Herausforderung“ sprach er mit Blick auf die Verhandlungen mit der Royal Bank of Scotland, der Commerzbank und der Bayern LB, alles Banken, die von der Krise gezeichnet sind. Aber er sagte auch, dass er darin keine „mission impossible“ sieht. Dass Eick als Chef eines Unternehmens, das zuletzt ein negatives Konzernergebnis von -746 Mio. Euro ausgewiesen hat und eine magere Eigenkapitalquote von knapp 6% aufweist, bei den Gesprächen mit den Kreditgebern keine komfortable Verhandlungsposition hat, dürfte ihm sehr klar gewesen sein, als er bei Arcandor den Chefposten übernahm.

Angesichts der Finanzkrise und der übergroßen Nervosität der Banken bei der Kreditvergabe wird die Sanierung des Arcandor-Konzerns in diesem heißen Sommer 2009 zweifellos zu einem Spiel auf Zeit, um für den Großaktionär Sal. Oppenheim möglichst viel zu retten. Dabei lotet Eick auch die Möglichkeit aus, staatliche Förderprogramme zu nutzen. Hier könnte die Bedeutung der Karstadt-Warenhäuser für die deutschen Innenstädte eine wichtige Rolle spielen. Seit die schwierige Lage des damaligen Karstadt-Quelle-Konzerns, der heute bekanntlich Arcandor heißt, im September 2004 offenbar wurde, vollzieht das Unternehmen einen fortwährenden Drahtseilakt.

Finanziell ausgeblutet, ohne Reserven und tragfähige Konzepte für Warenhaus und Versand, gelang es dem Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff 2005/06 das Unternehmen zumindest durch den Verkauf der Immobilien vor dem Absturz zu retten. Auch die Verstärkung der Touristik-Tochter Thomas Cook durch die Übernahme des britischen Touristikunternehmens My Travel hat die Geschäftsgrundlage offenbar verbessert. Doch dass es der Konzern unter Ägide seines früheren Chefs Wolfgang Urban jahrelang versäumte, tragfähige Konzepte für Warenhäuser und Versandhandel zu implementieren und dass auch Middelhoff kein ausgewiesener Handels- und Warenhausexperte war, der dieses Geschäft zügig vorantreiben konnte, dürfte vorerst der Schwachpunkt des Arcandor- Konzerns bleiben.

Erst allmählich wird ein neues Warenhaus-Konzept eingeführt. Vieles wird für Arcandor davon abhängen, ob der Tourismus- Bereich genügend Ertrag abwirft, um Zeit zu gewinnen und ob es trotz des Strukturwandels, in dem die Warenhäuser und der Universalversand heute stecken, gelingt, mit intelligenten standortspezifischen Handelskonzepten zu überzeugen.

gi24/HIR, Nr. 44

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