Einzelhandel Augsburg: Durststrecke scheint vobei zu sein

Augsburg ist mit rund 263.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Bayerns, gleichzeitig beliebte Universitätsstadt, Sitz der Regierung von Schwaben und bedeutender Wirtschaftsstandort für einige international angesehene deutsche Traditionsunternehmen. Zu dieser regsamen Gegenwart gesellen sich vergangene Blütezeiten. Am ehesten sind sie bemerkbar bei einem ausgedehnten Stadtbummel: In nur ganz wenigen deutschen Großstädten vereinen sich das Heute und das Gestern zu einer derart architektonischen Harmonie wie in der alten Fuggerstadt. In den letzten 2000 Jahren ist ein auffallend homogenes Stadtbild entstanden, an dem alle großen Stilepochen ihren Anteil haben. Der Gesamteindruck aus großzügigen Straßenräumen, Monumentalbrunnen und repräsentativen öffentlichen Bauten vergegenwärtigt dabei vor allem das stets weltgewandte Denken und Planen der Augsburger Bürger. Gleichzeitig ist Augsburg eine junge, pulsierende Stadt. Unter anderem bedingt durch fast zwanzigtausend eingeschriebene Studierende sowie einige prominente Arbeitgeber aus der IT- und Elektronikbranche, gibt es eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Einwohnern im Alter zwischen 20 und 40 Jahren.

„Davon profitiert der örtliche Einzelhandel ebenso, wie von der hohen Attraktivität und Anziehungskraft des touristischen Augsburg“, sagt Guido Kleinschmidt, Geschäftsführender Gesellschafter bei dem auf Einzelhandelsimmobilien in innerstädtischen 1A-Lagen spezialisierten Unternehmen LÜHRMANN München. In diese schwäbische Idylle platzte jedoch vor gut zehn Jahren die City-Galerie der ECE. Ungeachtet der gewachsenen innerstädtischen Einzelhandelslagen arbeitete der Center-Spezialist an der Etablierung einer so genannten Neuen Mitte abseits des historischen Stadtkerns auf dem Gelände der ehemaligen Neuen Augsburger Kattunfabrik (NAK). Guido Kleinschmidt: „Heutzutage wäre man schlauer, aktuelle Entwicklungen in anderen Städten orientieren sich an den natürlich etablierten Laufwegen der Passanten und nehmen auf diese Rücksicht. Erfahrungen wie die in Augsburg trugen sodann auch zu der allgemeinen Kurskorrektur bei“, erläutert Kleinschmidt. Konkret zeigt sich beim Zehn-Jahres-Trend der Spitzenmieten und Werte von Ladenlokalen bzw. Einzelhandelsimmobilien in der Augsburger 1A-Lage eine auffällige Delle in den Jahren 2002 bis 2006. Gleichzeitig führte der durch das Center verursachte Attraktivitätsverlust der Innenstadtlage zu einem schonungslosen Rückgang der Anziehungskraft des gesamten Standorts Augsburg. „Die städtischen Verantwortlichen erkannten dieses Problem und ergriffen erfolgreiche Maßnahmen, die alte Stärke der Innenstadt wieder herzustellen – das aktuelle Projekt Augsburg City ist nur eines davon“, so der LÜHRMANN-Spezialist.

Die rundläufige Fußgängerzone erstreckt sich über Annastraße, Bürgermeister-Fischer-Straße Philippine-Welser-Straße und Steingasse. Letztere weist ebenso wie die Maximilianstraße einen nicht ganz so starken Angebotsbesatz auf. Der Besatz ist insgesamt gut durchmischt und die Filialisierung weniger ausgeprägt als in der öffentlichen Diskussion oftmals behauptet. Über 52 Prozent der angesiedelten Unternehmen sind örtliche Einzelhändler, der Durchschnitt in den 253 von LÜHRMANN erfassten deutschen 1A-Lagen liegt bei lediglich 45 Prozent. Das zwischenzeitlich etwas rückläufige Interesse an innerstädtischen Einzelhandelsflächen in der 1A-Lage hat sich erholt, die Mieten sind auf einem guten Niveau: Bis zu 100 Euro pro Quadratmeter lassen sich derzeit in der Spitze erzielen mit einem 80 bis 120 Quadratmeter Fläche umfassenden Ladenlokal in bester Innenstadtlage und mit dezidiert einzelhandelsgerechter Ausstattung. „Das hat einen entsprechenden Einfluss auf die Verkaufserlöse: Die Durststrecke im Anschluss an die Centereröffnung ist überwunden“, so Kleinschmidt weiter.

Aktuelles: Mango entscheidet sich für Augsburg

Der stärkste Bereich der Fußgängerzone befindet sich in der Annastraße, etwa zwischen dem Königsplatz und der Querstraße Unter dem Bogen. Hier sorgen bekannte Einzelhändler wie der Buchhändler Thalia oder die Modeanbieter New Yorker und H&M für eine gute Kundenresonanz.

Zuletzt bekannte sich mit Mango eines der attraktivsten und weltweit führenden Textilunternehmen zum Standort Augsburg und eröffnete im September ein insgesamt rund 510 Quadratmeter umfassendes Ladenlokal an der Annastraße 21-23. Die von LÜHRMANN vermittelten Räumlichkeiten wurden bis dahin von Tommy Hilfiger genutzt.
Weiter unklar bleibt indes die Zukunft des ehemaligen Woolworth-Gebäudes an der Annastraße 14. Das interimsweise dort vertretene Auktionshaus ist wieder raus, die Verhandlungen über eine umfassende Projektentwicklung laufen weiter hinter verschlossenen Türen. Zeitweilige Gerüchte über eine Ansiedlung des Modehändlers Zara haben sich im Nachhinein als falsch erwiesen.

Ein spannendes Thema ist derzeit das Eterna-Ladenlokal an der Annastraße 4. Wer kommt ist noch nicht endgültig geklärt, sicher ist nur, dass der Hemdenspezialist auszieht. Gleiches gilt für die Fläche an der Annastraße 6. Das ehemalige s.Oliver-Ladenlokal wird aktuell umgebaut und auch hier steht der neue Mieter noch nicht endgültig fest. Die Verhandlungen laufen weiter.

Butlers hingegen ist umgezogen: Von der Maxmilianstraße 13 ging es gegenüber in die Maximilianstraße 6. Hier mietete der Wohndekorations-Spezialist einen rund 400 Quadratmeter großen Verkaufsraum in dem früher vom Schuhhändler Tack genutzten Ladenlokal. Schon im letzten Jahr hatte die Back-Factory hier eine Teilfläche gemietet. Geschichte ist indes das Capitol Cafe am Moritzplatz. Im Sommer beendete der Betreiber den Gastronomiebetrieb in dem geschichtsträchtigen Haus aus dem 15. Jahrhundert. Ein Nachmieter wurde noch nicht bekannt gegeben, es darf jedoch wieder mit einem Gastbetrieb gerechnet werden.

Laufen Projekte: Die gesamte Innenstadt soll urbaner und fußgängerfreundlicher werden

Guido Kleinschmidt: „Neben den erwähnten Entwicklungen der Annastraße 14 sowie der Philippine-Welser-Straße 16, die nach der zwischenzeitlichen Veräußerung momentan umgebaut wird, ist es vor allem die innerstädtische Infrastruktur, die auf der aktuellen Veränderungsagenda steht. Unter dem Oberbegriff Projekt Augsburg City sollen verschiedene umfassende Baumaßnahmen in der Innenstadt verwirklicht und Verkehrswege, Aufenthaltsorte und Bauwerke neu gestaltet werden. Dazu gehören etwa der Neubau des Königsplatzes, eine Untertunnelung des Hauptbahnhofs, die Umgestaltung der Fußgängerzone und der Maximilianstraße, aber auch die Erneuerung des Elias-Holl-Platzes sowie einige weitere Vorhaben.“
Insgesamt soll die gesamte Innenstadt mit Königsplatz und Bahnhof dadurch fußgängerfreundlicher und gleichzeitig urbaner werden. Konkret sehen die Planungen eine komplette Neugestaltung des gesamten Königsplatz inklusive einer Sperrung für den Verkehr vor, gleichzeitig soll die Fuggerstraße zur Flaniermeile werden und die gesamte jetzige Fußgängerzone durch einen neuen Bodenbelag, attraktivere Beleuchtung, moderne Toilettenanlagen und mehr öffentliche Sitzgelegenheiten komfortabler werden.

Prognose: Die Durststrecke ist überwunden, Augsburg kann sich wieder behaupten

Die Durststrecke der Augsburger Innenstadt ist endgültig überwunden, das zeigen nicht nur die Neuansiedlungen der letzten Jahre. Die Mieternachfrage an Ladenlokalen in der innerstädtischen 1A-Lage übersteigt das Angebot, ohne Schwerpunkt auf eine bestimmte Größenklasse. Nur sehr große Verkaufsflächen mit weit über 1.000 Quadratmetern Fläche werden seltener gesucht.

Sorgte die Eröffnung der City-Galerie vor knapp zehn Jahren noch für eine anschließende mehrjährige Schwächephase, so wehrt sich die Innenstadt mittlerweile erfolgreich gegen versuchte Kaufkraftabzüge. Bestes Beispiel ist der Modepark Röther. Der lediglich zweieinhalb Kilometer von der 1A-Lage entfernte, großflächige Multibrandanbieter ist weniger eine Konkurrenz für die Fußgängerzone geworden, als ein Wettbewerber der City-Galerie. Hier zeigt es sich, dass die Anstrengungen der Innenstadtaufwertung Früchte tragen, so dass vor allem auch vor dem Hintergrund der Umsetzung des Projekts Augsburg City von einer konstanten Nachfrage nach Ladenlokalen und einer positiven Entwicklung des gesamten Immobilienmarktes in der 1A-Lage Augsburgs ausgegangen werden kann. „Gelingt der Schulterschluss zwischen Eigentümern, Investoren, Stadt und Bürgern, wird sich Augsburg auch zukünftig erfolgreich gegen die Konkurrenz behaupten und weitere attraktive Einzelhändler in die Innenstadt locken“, sagt der LÜHRMANN-Geschäftsführer.