Finanzkrise – Auswirkungen auf die Personalpolitik und Weiterbildung

Interview des Immobilienbriefs (DIB) mit Prof. Dr. Gondring FRICS, Studiendekan der Dualen Hochschule Baden- Württemberg Stuttg. und wiss. Leiter der ADI Akademie der Immobilienwirtschaft.

„Der Immobilienbrief“: Viele Immobilienunternehmen haben bzw. werden vor dem Hintergrund der Finanzkrise ihr Personal abbauen. Wurden in den letzten Jahre Fehler in der Personalplanung gemacht?

Gondring: Ja und nein. Es ist ein normaler Vorgang in einer Marktwirtschaft, dass in Abschwungphasen Kapazitäten, also auch der Personalbestand, entweder durch Kündigung oder Kurzarbeit abgebaut werden. Dies können wir deutlich bei Industrieunternehmen wie der Autoindustrie sehen. Die Immobilienbranche baut vordergründig ihre personellen Überkapazitäten, die sie im Boom der letzten Jahre aufgebaut hat, jetzt wieder ab. Kritisch ist zu bemerken, dass viele Immobilienunternehmen viel zu schnell auf „Modethemen“ bzw. „Eintagsfliegen“ wie z.B. Asset Management in 2007 „reingefallen“ sind und dort, obwohl die Sparte nicht zu ihrer Kernkompetenz gehört, in schnellem Tempo personelle Kapazitäten aufgebaut haben. Ich kenne Unternehmen, die jetzt noch auf diesen längst abgefahrenen Zug des Asset Management aufspringen und von einem über Jahre kontinuierlich zufließenden Cash Flow träumen.

„Der Immobilienbrief“: Was hätten sie besser machen können?

Gondring: Es ist wirtschaftlich völlig legitim, kurzfristig sich bietende Ertragschancen zu nutzen. Dagegen ist nichts zu sagen. Dagegen ist es kein großer Fehler, wenn z. B. Maklerhäuser oder Leasingfonds schnell mal eben eine Asset-Management- Abteilung aufbauen, die sich selbst überlassen bleibt, in der Hoffnung, dass diese neue Abteilung ein paar Krümel vom „Kuchen“ abbekommt. Ist das dann nicht der Fall, wird die Abteilung wieder aufgelöst. Ein solches Vorgehen zeigt die Unreife des Managements, das nicht in der Lage ist, konzeptionell und strategisch eine Geschäftsfelderweiterung zu planen und dann auch zielorientiert durchzusetzen. Vieles in der Immobilienbranche erfolgt nach dem Prinzip „von der Hand in den Mund“.

„Der Immobilienbrief“: Warum beißen Sie sich so am Asset Management fest?

Gondring: Das Asset Management steht synonym für viele Eintagsfliegen. Mir sind heute noch die ganzseitigen Anzeigen in der Fachpresse vor Augen, in denen massenhaft um Asset Manager geworben wurde, ohne dass ich bei einigen dieser Unternehmen jemals überhaupt einen strategischen Ansatz erkannt habe. Wer spricht denn heute noch davon. Als Insider weiß ich aber, dass diese großmundig angekündigten „Geschäftsideen“ heute still und leise wieder „beerdigt“ werden. Es gab nie eine Zeit, wo derartige „Me-Too-Strategien“ erfolgreich waren. Als Konsequenz daraus ergibt sich ein extrem volatiler Teilarbeitsmarkt, der in rezessiven Phasen als erster „dran glauben“ muss. Meinen Studenten rate ich immer auf das abgewandelte Hahnemann-Prinzip zu achten: „Je schneller etwas (z.B. Abteilung, Unternehmenssparte) aufgebaut wird, umso schneller wird es auch wieder abgebaut.“

„Der Immobilienbrief“: Wie steht es denn heute um die Weiterbildung in der Immobilienbranche?

Gondring: Obwohl ich als Rheinländer von Natur aus optimistisch bin, fällt es mir in diesen Tagen sehr schwer, die Dinge optimistisch zu sehen. Generell lässt sich feststellen, dass die Anmeldungen bei den Weiterbildungsinstitutionen und die Teilnehmerzahlen bei den Seminarveranstalter z.T. drastisch eingebrochen sind und einige sogar am Rande ihrer wirtschaftlichen Existenz stehen. Ich rechne fest damit, dass die eine oder andere Institution die nächsten 12 Monate wirtschaftlich nicht überleben wird. Die Unternehmen –so scheint es- haben sich fast ganz aus der Weiterbildung zurückgezogen. Weit über 90 % der Seminar- oder Studienteilnehmer sind heute „Selbstzahler“, so etwas habe ich in den letzten 13 Jahren noch nicht erlebt. Mir wurde sogar berichtet, dass einige Unternehmen ihren Mitarbeitern mit Kündigung drohen, wenn sie sich für eine Weiterbildungsmaßnahme entschließen. Auch hierin zeigt sich die mangelnde strategische Ausrichtung. Es wäre doch jetzt gerade wichtig, die Leistungsträger und Nachwuchskräfte in die qualifizierte Weiterbildung zu schicken, um diese für die anstehende wirtschaftliche Erholungsphase an das Unternehmen zu binden. Die sich zunehmend unter den Mitarbeitern verbreitende Arbeitsplatzängste sind keine gute Basis für zukünftigen Erfolg, weil die Loyalität der Mitarbeiter zu den Unternehmen weiter abnehmen wird. Loyalitätsverluste sind ein gewaltiger Kostentreiber.

„Der Immobilienbrief“: Und wie steht die ADI da?

Gondring: Auch wir verzeichnen einen Rückgang der Anmeldezahlen. Da ich das aber schon vor einem Jahr vorhergesehen konnte, habe ich die Fixkostenbelastung und damit den break-even der ADI deutlich gesenkt, sodass wir wirtschaftlich bis Ende 2010 durchfinanziert sind. Gleichwohl sind unsere Anmeldezahlen soweit annehmbar, dass wir alle neuen Studienjahrgänge fahrplanmäßig starten konnten. Besonders erfreulich ist die Situation am neuesten Standort in München.

„Der Immobilienbrief“: Wie sind die Anmeldezahlen im Studiengang BWLImmobilienwirtschaft an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart?

Gondring: Ich kann aus Kapazitätsgründen pro Studienjahr max. 50 Studierende zulassen. Diese Zahlen habe ich in den letzten Jahren mühelos erreicht, wenngleich zum 1.10.2008 die Zahl erstmals auf 38 gesunken ist. Zum Studienbeginn 1.10.2009 haben wir schon eine Überzahl an Studienplatzreservierungen, so dass ich dieses Jahr wieder auf eine max. Auslastung von 50 Studierenden kommen werde.

gi24/DIB, Nr, 188

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