Handelsimmobilien: Deutschland steht noch relativ gut da

Von Ruth Vierbuchen

Auf dem deutschen Markt für Handelsimmobilien ging im zweiten Halbjahr 2008 nicht mehr viel, so dass das Transaktionsvolumen im Gesamtjahr laut Kemper’s Jones Lang LaSalle von 11,24 Mrd. (2007) auf 6,05 Mrd. Euro im Jahr 2008 gesunken ist. Damit bewege sich der Investmentmarkt für handelsgenutzte Gewerbeimmobilien in Deutschland nach der Hochphase 2006 und 2007 wieder auf dem Normalniveau von 2005, als das Transaktionsvolumen bei insgesamt 6,5 Mrd. Euro lag, versucht das Unternehmen die Relationen wieder ins rechte Lot zu rücken.

Allerdings ist der Rückgang nicht in jedem Marktsegment auf schwierige Finanzierungsbedingungen zurückzuführen, sondern auch darauf, dass ein adäquates Angebot fehlte. Das gilt insbesondere für innerstädtische Geschäftshäuser in Top- Einkaufslagen. Hier ging das Investitionsvolumen von 1,7 Mrd. Euro auf nur noch 580 Mio. Euro zurück.

„Viele Investoren sehen Geschäftshäuser zu Recht als sichere Häfen“,

resümiert Kemper’s Jones Lang LaSalle. Und da die Eigentümer das ähnlich sehen, steht der Investorennachfrage nur ein geringes Angebot gegenüber – Notverkäufe sind hier die absolute Ausnahme. Gestützt wird dieses Marktsegment, das bestätigt die Beobachtung von Brockhoff & Partner, durch das große Interesse nationaler wie internationaler Filialisten, die unverändert auf der Suche nach Geschäftsflächen in Top-Einkaufsstraßen sind, so dass sich die Mieten auf recht stabilem Niveau bewegen. Und das könnte – trotz Krise – noch eine Weile so weiter gehen, da das Konsumklima in Deutschland derzeit recht stabil ist. Das gilt aber vor allem

„für die ausgewiesenen Top-Standorte“, weiß Lars Kuchenbuch, Geschäftsführer des Immobilienberatungsunternehmens IKP, „aber sobald sich der Standort leicht von der Top-Lage entfernt, gibt es Abschläge“.

Es war vor allem der anteilige Verkauf des Karstadt-Immobilien-Portfolios Anfang 2008 durch Arcandor (Gesamtvolumen: 2,2 Mrd. Euro), der das Geschäft mit Handelsimmobilien noch gestützt hat. Denn einzig im Marktsegment Warenhäuser verzeichnete Kemper’s Jones Lang LaSalle eine relativ deutliche Steigerung des Transaktionsvolumens von 1,13 Mrd. Euro (2007) auf 2,62 Mrd. Euro (2008). Mit Blick auf 2009 ist davon auszugehen, dass der geplante Verkauf der 62 Hertie-Immobilien das Geschäft zumindest teilweise in Gang halten dürfte – trotz Krise. Rückläufig war dagegen auch das Transaktionsvolumen in den Segmenten Shopping- Center, Fachmarkt-Zentren, Fach- und Supermärkte. Besonders bei den großvolumigen Objekten wie Shopping-Center und Fachmarkt-Zentren, die bei Investoren unverändert hoch im Kurs stehen, machte sich die Kreditkrise bemerkbar.

„Die Losgrößen von in der Regel über 50 Mio. Euro“, so Gerhard K. Kemper, Geschäftsführer Kemper’s Jones Lang LaSalle Retail, „machen die Finanzierung derzeit fast unmöglich. Dementsprechend ist wenig Bewegung im Markt.“

Das Transaktionsvolumen im Segment Shopping-Center ging um fast 60% von 2,61 Mrd. Euro auf 1,11 Mrd. Euro zurück, der Rückgang bei Fachmarktzentren fiel mit 29% von 1,48 Mrd. Euro auf 1,05 Mrd. Euro noch moderater aus, während das Investitionsvolumen bei Supermärkten und Discountern von 2,61 Mrd. Euro auf 548 Mio. Euro sehr beachtlich absackte.

Für das Jahr 2009 gilt aus Sicht von Kemper – in Stichworten – folgendes Szenario: Die Fundamentaldaten des Marktes sind in Ordnung, die divergierenden Preisvorstellungen von Käufer und Verkäufer dürften sich annähern – doch die Schwierigkeiten bei der Neu- und Refinanzierung zunächst einmal erhalten bleiben. Aber das ist derzeit überall gleich. Insgesamt steht der hiesige Markt für Handelsimmobilien im internationalen Vergleich noch recht gut da, so dass sich internationale Investoren wie Henderson Global Investors

„derzeit auf den deutschen Markt konzentrieren“, wie Research Manager Stefan Wundrak in London sagt. Und dabei sieht er die Situation bei Handelsimmobilien auch etwas besser aus als bei Büros. „Der deutsche Einzelhandelssektor wird sich im Vergleich zum britischen sehr stabil halten“, ist auch Michael Englisch, Deutschland- Geschäftsführer bei Henderson Global überzeugt.

Die Tarifabschlüsse und die gestiegene Beschäftigung werde die Einzelhandelskonjunktur stabilisieren. Selbst wenn tatsächlich, wie befürchtet wird, 500 000 Arbeitsplätze verloren gehen, dann liegt das Beschäftigungsniveau laut Wundrak immer noch über dem von vor zwei Jahren. So erwartet auch die Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht, dass der private Konsum 2009 um 0,8% steigen wird, während sie in allen anderen Bereichen wie Export, Ausrüstungsinvestitionen oder Bau Rückgänge befürchtet.

Da die Deutschen in den vergangenen Jahren nicht in einen Konsumrausch verfallen waren, wie z.B. die Briten, und sich nicht verschuldet haben, dürfte der Einzelhandelsmarkt stabil bleiben. Gleichzeitig registriert der britische Vermögensverwalter Henderson, der 2007 seinen „German Shopping Center Fund“ aufgelegt hatte, inzwischen durchaus Bewegung auf dem Markt für Einkaufszentren. So fühlen laut Wundrak einzelne Marktteilnehmer vor, wie das Interesse an Objekten ist:

„Man merkt dann an der Preiserwartung, dass die Leute verkaufen wollen. Und es sind Objekte, die vorher nicht auf den Markt kamen“, so der Eindruck des Henderson-Managers.

Es handelt sich laut Wundrak um gute Adressen, von denen er nicht glaubt, dass sie verkaufen müssen, weil sie in Schwierigkeiten stecken, sondern die darauf aus sind, ihren Schuldenstand zu senken. Im Segment Shopping-Center sind die Preise hierzulande um 100-Basispunkte gefallen und die Netto-Anfangsrenditen laut Wundrak von 5 auf 6% gestiegen, d.h. die Preise sind vom 20-fachen der Nettomiete auf das 16,5-fache gesunken. Bewegung wird 2009 auf den Markt kommen, wenn demnächst die Portfolien ausländischer Investoren zum Verkauf stehen, die noch relativ spät zu recht hohen Preisen gekauft haben und die nun feststellen müssen, dass auch mit Asset Management nicht mehr rauszuholen ist. Insofern gibt es laut Wundrak derzeit gute Kaufgelegenheiten.

„Das Jahr 2009 wird auch ein Jahr der Zwangsexits werden“, schätzt auch Thomas Beyerle, Leiter Degi Research in seinem Immobilien Fokus.

„Aber kein Investor will das anpacken, weil es schwer ist, die Finanzierung zu bekommen“, fürchtet Wundrak. Doch ist das für Beyerle ein ideales Zeitfenster für potenzielle Käufergruppen, die gesegnet sind mit einer hohen Eigenkapitalquote.

HIR, Nr. 39

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