Heidelberger Hauptstraße als Einkaufslage weiter gestärkt

Das Votum gegen die Ansiedlung eines innerstädtischen Centers in Heidelberg war ein erster Schritt in die richtige Richtung, der zur weiteren Stärkung der gewachsenen Einkaufslage Hauptstraße führt. Die Sorge war zunächst groß, als bekannt wurde, dass bis 2015 das gesamte US-Militär aus Heidelberg abzieht. Doch im Ländle steckt man den Kopf nicht in den Sand. Vielmehr steckt die Stadt seitdem mitten im Strukturwandel und bastelt an Konzepten die den Truppenabbau abfedern sollen. Es scheint zu funktionieren, zumindest im Einzelhandel sind bislang keine Auswirkungen zu spüren, darauf weist das auf innerstädtische Einzelhandelsimmobilien in 1A-Lagen spezialisierte Maklerhaus LÜHRMANN in den aktuellen Citynews Heidelberg hin.

Aktuell liegt die jährliche Kaufkraft bei rund 5.500 Euro pro Kopf, wobei der Umsatz de facto höher ist. Durchschnittlich gab jeder Heidelberger im letzten Jahr gut 6.370 Euro im örtlichen Einzelhandel aus. Artikel im Gesamtwert von weit über 900 Millionen Euro gingen damit im Jahr 2010 über Heidelbergs Ladentheken. Ein guter Wert für eine Stadt mit rund 146.000 Einwohnern (alle einzelhandelsrelevanten Kennziffern: BBE). Ladenlokale in der Innenstadt sind dementsprechend begehrt und die Spitzenmiete in der 1A-Lage in den letzten zehn Jahren um knapp 20 Prozent gestiegen. „Die Miete für ein 80 bis 120 Quadratmeter großes Ladenlokal kann nunmehr bis zu 115 Euro pro Quadratmeter betragen“, sagt der für Heidelberg zuständige LÜHRMANN-Geschäftsführer Hendrik Poggemann. Im gleichen Zeitraum verbuchten Immobilieneigentümer eine ähnlich hohe Wertsteigerung ihrer Geschäftshäuser von rund 19 Prozent. Der teilweise denkmalgeschützte Gebäudebestand bietet vorrangig kleine Ladenflächen. Große Ladenlokale sind rar, die Nachfrage in diesem Bereich somit besonders hoch.

Der innerstädtische Einkaufsbereich verläuft parallel zum Neckar in den Straßen und Gassen zwischen Bismarckplatz und Marktplatz. Die 1A-Lage liegt auf der zentralen Achse Hauptstraße, einer vergleichsweise langen Einkaufsmeile mit zahlreichen kleinen Seitengassen. Poggemann: „Vielen gilt sie als eine der schönsten Fußgängerzonen Deutschlands, die mit renommierten Filialisten genauso lockt, wie mit interessanten inhabergeführten Geschäften.“ Seit ihrer Einweihung 1978 hat die Einkaufszone jedoch etwas Patina angesetzt, weshalb sich die Kommune und die Wirtschaftsförderung derzeit für eine Modernisierung einsetzen. In den Seitenstraßen der Hauptstraße sowie der parallel verlaufenden Plöck befinden sich vorrangig kleinere Boutiquen, Gastronomiebetriebe und Lebensmittelfachgeschäfte. Die Friedrich-Ebert-Anlage ist hingegen bekannt für das ausgefallene Angebot der ansässigen Antiquitätengeschäfte und Galerien in den oftmals ornamentverzierten historischen Häusern.

Aktuelles

Zuletzt hat Victorinox seinen weltweit ersten Franchise-Store in Heidelberg eröffnet. Gemeinsam mit einem lokalen Partner präsentiert sich der ursprünglich für seine Taschenmesser bekannte Anbieter von Taschen, Messern und Bekleidung auf 100 Quadratmetern in der Hauptstraße 90. Bislang befand sich hier ein Café von Lavazza. Erst im Januar hatte in Düsseldorf der erste deutsche Flagship-Store der Schweizer Premiere gefeiert. Die nächsten Eröffnungen werden indes internationaler – unter anderem im Beverly Center in Los Angeles und in der Wooster Street im New Yorker Stadtteil SoHo trifft man bald auf das markenwirksame Kreuz der Eidgenossen.

Davor zog es schon eyes&more an den Neckar. Der Optiker folgte auf das derzeit strauchelnde US-Unternehmen American Apparel an der Hauptstraße 96. Die Amis haben die 110 Quadratmeter im Sommer verlassen und damit Platz geschaffen für den Brillenspezialisten. Und auch das zweite Ladenlokal in dem Eckhaus hat einen neuen Mieter: Auf die Telekom folgte der altbekannte Kosmetiker Yves Rocher. Kabel BW hat unterdessen sein zweites Geschäft auf der Hauptstraße angemietet. In dem 120 Quadratmeter umfassenden Ladenlokal an der Hauptstraße 61 wird der Netzbetreiber Nachmieter des Frisörs Unisex. Wann Kabel BW eröffnet, wurde indes noch nicht bekannt.

Verkauft wurde zuletzt die derzeit von Woolworth genutzte Einzelhandelsimmobilie in der Bergheimer Straße 4. Mit der D&R Invest sicherte sich eine Kapitalanlagegesellschaft aus den Niederlanden das rund 2.900 Quadratmeter Einzelhandelsfläche umfassende Gebäude.

Laufende Projekte

Das Geschäftshaus Hauptstraße 23 wird derzeit aufwendig entwickelt. Der ehemalige Sitz der Rhein-Neckar-Zeitung wird komplett kernsaniert und damit einhergehend auch die Einzelhandelsfläche neu definiert. Als Neumieter konnten zwei hochkarätige Innenstadtmieter gewonnen werden. Während die zum Douglas-Konzern gehörende Buchhandlung Thalia 1.900 Quadratmeter nutzen wird, zieht der dänische Bestseller-Konzern mit den Konzepten Jack&Jones, Only sowie Vero Moda auf insgesamt 1.400 Quadratmeter. Eröffnung ist im nächsten Jahr.

Darüber hinaus hat die Stadt Heidelberg gemeinsam mit der Architektenkammer Baden-Württemberg das Projekt „Aufwertung der Hauptstraße – Gestaltung im Dialog“ initiiert. Im Mittelpunkt steht hierbei die strukturelle und gestalterische Erneuerung der Hauteinkaufslage. Mit anderen Worten soll die mitunter etwas in die Jahre gekommene Infrastruktur modernisiert werden. Im Rahmen von Workshops und interdisziplinären Arbeitsgruppe entwickeln die Verantwortlichen derzeit verschiedene Szenarien zur Verbesserung der Innenstadt. Diese werden im Frühjahr 2012 dem Gemeinderat vorgestellt. Den Diskussionen um ein neues Einkaufszentrum in der Innenstadt wurde nicht zuletzt durch ebenjenes Projekt die Grundlage entzogen. Vorrangiges Ziel soll es auch zukünftig sein, die Hauptstraße zu stärken und deren Position als Haupteinkaufsziel Heidelbergs weiter zu untermauern.

Prognose

Ob im Sommer inmitten südländischen Flairs oder zur Weihnachtszeit bei gemütlicher Beleuchtung, wer in Heidelbergs ausgesprochen schöner Innenstadt einkauft, der atmet die ruhmreiche Vergangenheit – und soll bald auch die Zukunft sehen. „Die in den 70er Jahren zur Fußgängerzone umgebaute Kernaltstadt ist mittlerweile etwas angestaubt und soll daher nach dem Willen der Verantwortlichen modernisiert werden. Die tun gut daran, alle Interessen unter einen Hut zu bringen und, neben dem Bürgeransinnen nach einer erhöhten Aufenthaltsqualität, auch die wirtschaftlichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen“, sagt der LÜHRMANN-Geschäftsführer.

Das Votum gegen die Ansiedlung eines innerstädtischen Centers war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Poggemann: „Es führt nachgerade zur weiteren Stärkung der gewachsenen Einkaufslage Hauptstraße und hilft dem Standort auch im regionalen Wettbewerb gegen das ebenso attraktive Einkaufsziel Mannheim.“ Wenn die daraus resultierende Dynamik überdies noch zur Schaffung weiterer großflächiger Ladenlokale genutzt wird, dann steht der konstanten Entwicklung der innerstädtischen 1A-Lage auf dem schon jetzt hohen Niveau nichts weiter im Wege.