Einzelhandel Vermietungsmarkt: Weltweite Top-Lagen meist resistent, München unter den Top 10

Einzelhandel Vermietungsmarkt: Die weltweiten Top-Lagen sind meist resistent gegen Turbulenzen, Kaufingerstraße in München im Fokus internationaler Einzelhändler.

(Von Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin „Handelsimmobilien Report“) – Selbst im Krisenjahr 2009 sind hierzulande die Mieten für Einzelhandelsflächen nach Beobachtung des Immobilien-Dienstleisters BNP Paribas Real Estate in 1A-Lagen nur wenig gesunken und haben 2010 bereits wieder angezogen, was ihre Güte als stabile Anlageklasse in schwierigen Zeiten dokumentiert. Nun konstatiert der Immobilien- Dienstleister Cushman & Wakefield (C & W) eine ähnliche Stabilität für den weltweiten Vermietungsmarkt in den Jahren 2010 und 2011.

Haushaltsdefizite, Schuldenstrudel, volatile Börsenkurse, vorhergesagte Konjunkturabkühlungen – den Top-Einzelhandelslagen dieser Welt hätten die schlechten Nachrichten im vergangenen Jahr, das bei C&W von Juni 2010 bis Juli 2011 reicht, nichts anhaben können, stellen die Experten fest. Denn in 81% aller untersuchten Länder seien die Ladenmieten in den Top-Lagen entweder gestiegen oder hätten sich auf hohem Niveau gefestigt.

In seinem jährlichen Report „Main Streets Across The World“ untersuchte C&W 278 Einzelhandelsstandorte in 63 Ländern. Und stellte fest, dass nur noch in 19% der Länder sinkende Mieten registriert wurden. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 34%. Zu den Ausreißern nach unten gehören – nicht unerwartet – die europäischen Länder Griechenland (- 13,7%), Bulgarien (-16,1%), Rumänien (-7,8%) und Irland (-9,3%). Hinzu kommen noch einige arabische Länder sowie Neuseeland und Ecuador. In Portugal (0%) aber auch Luxemburg, Ungarn, die Slowakei und die Ukraine mit jeweils 0% sowie Polen mit -1,1%, prägte Stagnation das Bild.

Ansonsten sind Mietsteigerungen angesagt, die getrieben werden durch die aggressiven Expansionsstrategien internationaler Einzelhändler, die ihre Claims in den neuen, aufstrebenden Märkten abstecken wollen, bevor die besten Standorte vergeben sind. Vor allem in China, Indien und Südamerika liegen laut C&W derzeit die Expansionsziele der Wahl. So wurde in der Hauptstadt des aktuellen Boom-Landes China, in Beijings Wangfujing, mit einem Anstieg der Spitzenmiete um 109,5% weltweit die höchste Mietsteigerung gemessen. Über stark steigende Immobilienpreise und Mieten in China wird bereits seit längerem berichtet.

Insgesamt verzeichneten die Experten in den derzeit stark gefragten Expansionsländern denn auch den höchsten durchschnittlichen Mietanstieg. So mussten die Einzelhändler im Asien-Pazifik-Raum bei Neuvermietungen im Schnitt betrachtet 12,2% mehr bezahlen als im Vorjahreszeitraum. In Südamerika stiegen die Mieten insgesamt um 10,6%, wobei die Garcia D’avilla Street in Rio de Janeiro mit einer Steigerung von 52,2% in der Region die Rekordmarke setzte. Die regionale Spitzenmiete in absoluten Zahlen wird mit 329 Euro je qm und Monat jedoch in der Top-Lage von São Paulo gezahlt. Damit liegt die Stadt gleichauf mit Deutschlands teuerster Lage, der Kaufingerstraße in München, die mit 330 Euro auf Rang 10 liegt.

Während in Europa sorgenvoll über die Schuldenkrise diskutiert wird, tragen in Asien- Pazifik und Lateinamerika steigende Beschäftigungszahlen und steigende Löhne zum Anstieg der Konsumausgaben bei. Hinzu kommen bessere Finanzierungsbedingungen. Hinter Asien-Pazifik und Lateinamerika sind derzeit der Nahe Osten und Japan noch gefragte Expansionsziele des Einzelhandels. Eine Seitwärts-Bewegung bei den Spitzenmieten haben die Experten von Cushman & Wakefield insgesamt im Nahen Osten und in Afrika ausgemacht. Für Europa ermittelten sie – im Durchschnitt betrachtet – ein Plus von 1,9%, nachdem das Mietniveau 2010 immerhin um 4,2% zurück gegangen war – maßgeblich zurückzuführen auf einige, oben bereits erwähnte Volkswirtschaften.

Beim Blick auf die allseits beliebten Ranglisten der teuersten Einkaufsstraßen der Welt, zeigt sich indessen, dass neue und alte Welt gut durchmischt in den „Top 10“ vertreten sind. Position 1 verteidigt unverändert die Fifth Avenue, die laut C&W als „Muss für alle großen internationalen Modemarken“ gilt. Ungeachtet der schwachen US-Konjunktur stiegen hier die Mieten in der Spitze um 21,6% auf 1 392 Euro je qm monatlich. Den 2. und 3. Rang verteidigten die Hongkonger Causeway Bay mit 1 202 Euro monatlich und Tokios Ginza mit 646 Euro pro Monat und qm. Die gute Lage der australischen Wirtschaft dürfte sich auch in der deutlichen Verbesserung der Pitt Street Mall in Sydney innerhalb des Rankings vom 9. auf den 4. Platz wiederspiegeln. Um 33,3% erhöhte sich die Spitzenmiete in der australischen Fußgängerzone auf 615 Euro ja qm.

Europas teuerste Shopping-Meile ist 2010/11 die Champs Elysée mit einer Spitzenmiete von 614 Euro im weltweiten Ranking auf Rang 5. Den Platz musste die teuerste Londoner Straße, die New Bond Street, räumen. Hier stiegen die Mieten zwar auch noch um 4,3%, aber mit 575 Euro je qm musste sie sich nun hinter der französischen Top-Lage einreihen. Auf dem 7. Rang folgt die Via Montenapoleone (567 Euro) in Mailand, vor der Bahnhofstraße (546 Euro) in Zürich und der Myeongdong mit 393 Euro in Seoul.

Kaufingerstraße im Fokus internationaler Einzelhändler

Im deutschen polyzrentrischen Einzelhandelsmarkt mit zahlreichen begehrten Metropolen sind solche Top-Preise dagegen nicht realisierbar. Die Münchner Kaufingerstraße kann sich laut C & W das dritte Jahr in Folge aber immerhin unter den Top 10 halten. Mit einer Spitzenmiete von 330 Euro belegt sie derzeit exakt den 10. Platz. Es sind vor allem die internationalen Einzelhändler, die sich hier – aber auch in anderen deutschen Metropolen – positionieren wollen.

Die relativ robuste Konjunktur macht Deutschland zum begehrten Expansionsziel. Bei knappem Flächenangebot und steigender Nachfrage seien Mietpreissteigerungen die logische Konsequenz, stellt Inga Schwarz, Leiterin der Research-Abteilung von C&W Deutschland fest. Deutschland sei von diesem allgemeinen Trend nicht abgekoppelt. Lange war der hiesige Markt für internationale Einzelhändler ein „unbequemes Pflaster“, doch nicht zuletzt auch die schiere Größe des Marktes – neben der hohen Kaufkraft und der Stabilität – wirken derzeit anziehend.

So seien die Spitzenmieten in der Berliner Tauentzienstraße, der Kölner Schildergasse und der Stuttgarter Königsstraße auf 260 Euro gestiegen, so die Expertin. Auf der Frankfurter Zeil hätten sich die Mieten bei 270 Euro verfestigt, in Düsseldorfs Königsallee registrierte C&W einen Spitzenwert von 250 Euro.

Folgen für die Einzelhandelslagen erwartet Schwarz durch den Trend zum Multi- Channel-Retailing, und die Möglichkeiten der „sozialen Medien“. „Während Top- Standorte weiter die Nase vorne haben werden – ein Imagetransport kann kaum besser funktionieren als in einem Shop, in dem sämtliche Sinne angesprochen werden – dürften C-Lagen ganz klar unter Druck geraten“, ist Schwarz überzeugt. (Quelle: HIR Nr. 104, 16.09.2011).