Problemzone Nebenlage (2): Echte Lösungen bieten nur verbindliche Kooperationen zwischen den Eigentümern

Von Stefan Heerde, Leitung Consulting, Engel & Völkers commercial Berlin

Verbindliche Standortkooperationen für Geschäftsstraßen in Form eines Business Improvement Districts (BID) sind in Schleswig Holstein, Bremen, Hamburg und Hessen, demnächst auch in Nordrhein Westfalen und im Saarland möglich. Es ermöglicht Grundeigentümern die Aufwertung ihres Standortes mit privaten Mitteln.

Grund für die Entwicklung dieses Ansatzes ist die wachsende Konkurrenz für die Innenstädte durch gemanagte Shopping-Center in Randlagen. Zudem fehlen öffentliche Mittel, die Attraktivität der Innenstadtlagen zu steigern. Die Folge ist die Verödung von ehemals attraktiven Quartieren; Leerstand und der Verfall von Grundstückswerten sind weitere Auswirkungen dieser Entwicklung.

Um solche Irritationen zu stoppen, zogen in den vergangenen Wochen in Hamburg zwei Standortinitiativen nach: Nachdem bereits das BID Neuer Wall (Investitionsvolumen 6 Mio. Euro) und das BID Sachsentor (rd. 150 000 Euro) in Hamburg-Bergedorf 2005 in die Umsetzung gingen, haben zwei weitere Standortkooperationen die Gründung eines BIDs beantragt: Am Wandsbecker Markt werden von den Grundeigentümern insgesamt 4 Mio. Euro aufgebracht. Weitere 750 000 Euro für die Grundsanierung der Geh- und Radwege kommen von der Stadt Hamburg. Auch in der Lüneburger Straße in Harburg haben rund 30 Grundeigentümer gemeinsam ein Handlungs- und Maßnahmenkonzept zur Verbesserung der Situation in der Harburger Einkaufsmeile entwickelt. Sie wollen in den nächsten drei Jahren 550 000 Euro privates Kapital zur Aufwertung des Standortes einsetzen.

Über diese Kooperation innerhalb eines BIDs oder einer Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) hinaus gibt es im Grundsatz vier Modelle der gemeinsamen Bewirtschaftung von Immobilien an einem Standort. Im Folgenden werden die ersten beiden dieser Kooperationsmodelle vorgestellt:

Modell A – Standort- und Flächenmanagement durch eine Managementgesellschaft: Hierbei gründen die Eigentümer einer Geschäftsstraße eine Standortgemeinschaft, die wiederum eine Managementgesellschaft mit der Durchführung eines Standortmanagements beauftragt. Als Rechtsform der Standortgemeinschaft ist aus steuer- und haftungsrechtlichen Gründen der eingetragene Verein nicht immer unbedingt geeigneter als beispielsweise eine GbR (z. B. Haarenstraße Oldenburg), eine GmbH oder die eingetragene Genossenschaft, in der alle Eigentümer einer Geschäftsstraße organisiert sein sollten.

Ziel der Standortgemeinschaft ist es, die Attraktivität von Grundstücken und Gebäuden in einer Geschäftsstraße (oder einem Teil davon) in immobilienwirtschaftlicher Hinsicht nachhaltig zu sichern und somit langfristig aufzuwerten. Zu den Aufgaben gehören u. a. Pflege der Straßenatmosphäre auch durch bauliche Maßnahmen, des Erscheinungsbildes von Gebäuden und Grundstücken und die Erhöhung von Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung sowie die Etablierung und Sicherung eines standortgerechten Branchen- und Mietermixes. Dies geschieht insbesondere über ein umfassendes Standortmarketing und Moderation der Standortentwicklung.

Zudem eignen sich BIDs auch als Instrument für Standortinitiativen, da hier ein Aufgabenträger mit eigener Rechtsform bestellt wird, der für die Eigentümer Aufgaben übernimmt. D.h., Eigentümer müssen keine eigenständige rechtliche Organisationsform gründen. Ihre Interessen übernimmt der Lenkungsausschuss, der das Maßnahmen- und Finanzierungskonzept erstellt, das vom Aufgabenträger umgesetzt werden muss. Der Lenkungsausschuss sollte die Umsetzung des Konzeptes begleiten. Zwar wird jeder Eigentümer an der Finanzierung beteiligt – durch Einzug des Sonderbeitrags durch eine Behörde und Weiterleitung an den Aufgabenträger -, aber er ist nicht verpflichtet, sich an der Arbeit des Ausschusses zu beteiligen.

Modell B – Standort- und Flächenmanagement durch einen Generalmieter: Dabei mietet der Generalmieter die Gewerbeflächen einer Geschäftsstraße an und vermarktet sie gemeinsam unter dem Gesichtspunkt der Optimierung des Branchen- und Mietermixes. Die Flächen werden in einen Handelsflächenpool eingebracht und nicht mehr vom einzelnen Eigentümer vermietet. In einer Rahmenvereinbarung und individuellen Pacht- bzw. Mietverträgen lassen sich die kaufmännisch-wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Einzeleigentümern und Generalmieter festlegen. Voraussetzung ist, dass dem Generalmieter alle Flächen einer Geschäftsstraße überlassen werden. Die Vermietung aus einer Hand funktioniert nur dann, wenn der Generalmieter durch eine Mischkalkulation der Mieten die Optimierung des Branchenmixes vorantreiben kann.

Hier gilt es jedoch einige wichtige Fragen zu klären: Wie verfährt man mit Bestandsmietern, die einen Mietvertrag mit dem Eigentümer besitzen? Auch ergibt sich die Notwendigkeit der Bewertung der Flächen. Es gilt zu klären, zu welchem Mietpreis ein Eigentümer seine Fläche in den Pool einbringt. Die Flächen müssen nach Lage, Eignung und Ausstattung unterschiedlich gewichtet in den Flächenpool eingebracht werden. Hierfür ist ein von allen akzeptiertes Bewertungsmodell zu entwickeln. Alle Eigentümer müssen ihre Flächen zudem für eine gleich lange Zeitperiode an den Generalmieter vermieten.

Ein Nachteil für den Generalmieter ist, dass das Risiko der Vermietung allein bei ihm liegt, ohne dass er Einfluss auf investive Maßnahmen des einzelnen Eigentümers hat und er auf Marktveränderungen nicht reagieren kann. Der Generalmieter tritt gegenüber den Eigentümern praktisch als Mietgarant auf. Um einerseits das Vermietungsrisiko zu reduzieren und andererseits alle Beteiligten am Erfolg zu beteiligen, sollte mit der von allen Eigentümern eingesetzten Managementgesellschaft eine niedrige Fixmiete und eine Umsatzmiete vereinbart werden. Auf der Basis eines schlüssigen Nutzungskonzeptes müsste ein Finanzierungsmodell entwickelt werden, das Kosten und Ertrag der Eigentümer ermittelt. Hierbei müssten dann Kosten für den laufenden Unterhalt der Managementgesellschaft und für die Umlagefinanzierung der Mieten berücksichtigt werden.

Quelle: Handelsimmobilien Report, Nr. 15, 15.02.2008