US-Büroimmobilienmarkt – Das Warten auf Preisreaktionen

Von Dr. Claus Becher, Volkswirt im Immobilien-Research, Dekabank

Dem US-Gewerbeimmobilienmarkt stehen schmerzhafte Tage bevor. Zum einen hat sich die Finanzmarktkrise seit Mitte September nach der Insolvenz der Lehman Brothers noch einmal deutlich verschärft. Ihre Beherrschbarkeit ist zur allein entscheidenden Größe für die weitere makroökonomische Entwicklung geworden. Der drohende Kollaps zwingt Zentralbanken und Regierungen dies- und jenseits des Atlantiks zum Handeln. In den USA wurde zusätzlich zur den auf 1,5% gesenkten Leitzinsen ein 700 Milliarden US-Dollar schweres Packet aufgelegt, die Märkte zu stützen.

Allerdings ist mit dem Hilfspaket noch nicht die Vertrauenskrise gelöst, die verhindert, dass sich Banken gegenseitig wieder Geld leihen. Dadurch ist der normale Kreditbereitstellungsmechanismus ins Stocken geraten. Dies belastet auch den Gewerbeimmobilienmarkt, weil Kaufinteressenten ihre Investitionen nun schwerer mit Fremdkapital finanzieren können. Neben der Kreditvergabe durch Banken ist auch das zweite Standbein der Fremdfinanzierung – der Markt für mit gewerblichen Hypotheken besicherte Anleihen (CMBS – Commercial Mortage Backed Securities) – weg gebrochen. Dieser war von wesentlicher Bedeutung, wurden doch in den USA im Jahr 2007 immerhin ca. 70% aller Fremdfinanzierungen darüber abgewickelt.

Aktuell werden nur sehr wenige CMBS neu emittiert. Auch ist der Sekundärmarkt für diese Art der Finanzierung weitestgehend ausgetrocknet. Der Zusammenbruch zeigt sich auch beispielhaft dadurch, dass die Risikoaufschläge gegenüber den als sicher geltenden Staatsanleihen aufgrund des schwachen Wirtschaftsausblicks und der Angst vor Ausfällen selbst für bestbewertete Papiere historische Höhen erreicht haben (Abbildung 1, S. 9). Als Folge dieser schwierigen Liquiditätssituation ging das Investmentvolumen im Bürosektor auf Jahressicht im ersten Halbjahr 2008 um 68% zurück.

Nun schwelt die Finanzmarktkrise schon seit über einem Jahr und die angeschlagene Konjunktur spiegelt sich in steigenden Leerstandsraten wider. Wer allerdings zur Mitte des Jahres bereits deutliche Preisrückgänge erwartet hatte, wurde enttäuscht. Zwar haben nach den Zahlen von Real Capital Analytics bereits alle Sektoren des Gewerbeimmobilienmarktes leichte Renditeanstiege gegenüber ihren Tiefstständen gesehen; bei Büromarkt waren es etwa 40 Basispunkte. Logistik ist um 63 Basispunkte angestiegen. Die aktuellsten Zahlen zeigen jedoch nicht weiter steigende, sondern stagnierende Anfangsrenditen. In vielen Märkten sind sie sogar noch einmal leicht gesunken. Diese liegt allerdings auch daran, dass zurzeit vermehrt hochwertige Gebäude, möglichst voll vermietet, in Toplagen gehandelt werden. Diese gelten auch in Krisenzeiten als wertbeständig – die steigende Nachfrage für dieses Core-Segment zeigt die gestiegene Risikoaversion der Anleger.

Trotz der fehlenden Reaktion der Anfangsrenditen liegt der Büromarkt nicht still, sondern Anbieter und Nachfrager befinden sich in Lauerstellung. Transaktionen werden bisher deswegen nicht durchgeführt, weil sich die Preisvorstellungen von Anbietern und Nachfragern noch sehr stark unterscheiden.

Diese unterschiedlichen Preisvorstellungen sieht man beispielsweise daran, dass zurzeit deutlich häufiger Gebäude angeboten werden, als tatsächliche Transaktionen durchgeführt werden. Dies kann als Signal verstanden werden, dass Verkäufer die Preise testen wollen. Auch sieht man einen deutlichen Unterschied in den Angebots- und Nachfrageindizes, die das Massachusetts Institute of Technology (MIT) berechnet. Während Anbieter auf einbrechende Preise setzen – die Jahresveränderungsrate dieses Nachfrageindex liegt bei 14,6% – können sich die Verkäufer noch nicht von den Preisvorstellungen des Vorjahrs trennen. Der Angebotsindex steht noch 5% über dem Vorjahreswert.

Allerdings ist zu erwarten, dass sich die Situation auf dem Markt schon bald ändert. Zum einen ist bei einigen Banken noch weiterer Abschreibungsbedarf zu befürchten. Manch eine Zweckgesellschaft könnte so zu Notverkäufen ihrer CMBS-Papiere gezwungen sein. Dies bringt einzelne Investoren in Refinanzierungsschwierigkeiten. Sie müssen dann verkaufen, wenn die Anschlussfinanzierung fehlschlägt. Bereits jetzt hört man am Markt von zunehmendem Verkaufsdruck und Verhandlungsbereitschaft auf der Angebotsseite. Geht man zusätzlich davon aus, dass zu Ende des Jahres einige der Immobilien-Portfolios bereinigt werden, dann ist bald mit einem deutlichen Schub auf die Anfangsrenditen zu rechnen.

Insgesamt wird der Vertrauensverlust am Kapitalmarkt zu kräftigeren und länger anhaltenden Preisrückgängen führen, der umso stärker ausfällt, je weniger finanzkräftige Investoren dieses Angebot absorbieren wollen oder können. Wenn sich das Engagement der (Auslands-)Investoren auf die zentralen Metropolen fokussiert, dürfte man dabei eine deutliche Ausdifferenzierung der Renditen zwischen den Topmetropolen und den weniger wichtigen Städten sehen.

Allerdings sollte man beachten, dass selbst nach dem Ausklingen der Finanzmarktkrise und einer anschließenden wirtschaftlichen Erholung die jetzigen Tiefststände bei den Renditen nicht mehr erreicht werden. Ein etwas schwächeres Potenzialwachstum, gestiegene Finanzierungskosten, größere Eigenkapitalverpflichtungen und niedrigere Loan-to-Value-Verhältnisse werden die Cap Rates nachhaltig auf einem höheren Niveau lassen.

Trotz dieses zunächst einmal ernüchternden Ausblicks sind opportunistische Kaufgelegenheiten etwa bei Zwangsverkäufen und in der mittleren Sicht auch langfristig Investitionen in den USA wieder zu empfehlen. Zum einen ist die US-Ökonomie sehr flexibel und hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass sie sich von Krisen schnell erholen kann. Auch ist nach der Finanzmarktkrise zu erwarten, dass sich der CMBS-Markt als wichtiges Standbein der Fremdfinanzierung wieder unter modifizierten Bedingungen etablieren wird. Dies fördert die Liquiditätssituation. Zuletzt ist das Fundament des Gewerbeimmobilienmarktes stark genug, um die kommende Zeit besser als etwa der US-amerikanische Wohnimmobilienmarkt zu überstehen.

DIB, Nr. 177

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